Journalismus & Recherche » Klasse gemacht

Donnerstag, April 17th, 2008

(Ja, ich weiß, dass das grotesk übersetzt ist.) Ein wunderbarer Artikel, erschienen in The Washington City Paper, über Julie Tate, Staff Researcher bei der Washington Post. Sie war an vier der sechs Geschichten beteiligt, die der Post in diesem Jahr Pulitzer-Preise bescherten. [Matthias Spielkamp]

Donnerstag, April 10th, 2008

Recherchen in Echtzeit: Unter www.swisstrains.ch, einer intelligent gemachten Google-API, kann man auf Basis der Google-Maps alle Züge und Bahnhöfe der Schweiz life verfolgen – und zwar bis zu den S-Bahnen. Mouseover auf einem Bahnhof zeigt den Namen der Station an, Mouseover auf Züge zeigt die Zugnummer, Start und Ziel der Reise, den nächsten Halt und die Geschwindigkeit. Die Positionen sind keine “echten” GPS-Daten, aondern nach Fahrplandaten und Verspätungsdaten gemäß prosurf.sbb.ch berechnet.) Nach Stationen und Zügen kann man suchen.

Das ist mehr als ein schönes Spielzeug. Leider für Deutschland nicht reproduzierbar, da die Fahrplantreue im Mehdorn-Reich weniger wichtig genommen wird.

www.swisstrains.ch

[AUde]

Freitag, April 6th, 2007

Das Feuilleton gilt ja nicht gerade als Recherche-Eldorado. Schön, wenn es doch so ist und ärgerlich, wenn man sich fragen muss, warum das nicht längst Standard ist.
Das sind die Fragen, die sich nach der Lektüre des FAZ-Artikels “Die Legende vom RAF-Spender Wolf Biermann” stellen. In seiner Lobrede auf den Ehrenbürger-wieder-Wowereits-Willen, Wolf Biermann, sagt Wowereit, Biermann habe 1969 das Preisgeld des von West-Berlin gestifteten Fontane-Preises an die RAF gespendet. Das sagt er, um die CDU zu ärgern, die ihn zur Verleihung der Ehrenbürgerschaft genötigt hat. Vielleicht hat es ja auch gewirkt. Gestimmt hat es nicht.
Leider ist das nicht allen aufgefallen. der Welt nicht und auch Zeit nicht. Ich war ja damals noch kein Zeitungsleser, aber bevor ich so was schreibe, würde ich mich hoffentlich zweierlei fragen: “Hoppsa, 1969 und die RAF?” schnell mal bei google “wiki:RAF” eingeben. Und: Kuriose Geschichte, von der ich in der ganzen Biermann-Debatte noch nie gehört habe… Das ist doch nen eigenen Text wert.
Den hat dann die FAZ gemacht. Lob dafür. Und der Vollständigkeit halber: Der Spiegel hat’s auch ge- und vermerkt.

Samstag, März 24th, 2007

BusinessJournalism.org ist eine Website, die bereits im Jahr 2004 vom Donald W. Reynolds National Center for Business Journalism an der Arizona State University gegründet wurde – und die inzwischen eine Menge an Material bietet, inklusive Anleitungen dazu, wie man Finanzmärkte versteht und über sie berichtet. Dazu in der Kategorie “Covering Business” hilfreiche Artikel über den Aktienmarkt, Technologie und Geschäftsethik. Außerdem gibt es ein Glossar zu Begriffen aus der Finanzwelt und “Dick’s Picks”, Links zu Artikeln, die Wirtschaftsreporter Dick Weiss empfehlenswert findet.

Mittwoch, Februar 7th, 2007

Die besten frei zugänglichen Reference Websites der vergangenen sieben Jahre hat MARS in einer umfangreichen Liste zusammengestellt. MARS ist die Machine-Assisted Reference Section der Reference and User Services Association (RUSA), die wiederum zur American Library Association (ALA) gehört. Solche Listen publiziert MARS jährlich, jetzt eben erstmals als Combined Index, 1999-2006. Zweck: “to recognize outstanding reference sites on the World Wide Web” – die Auswahlkriterien sind zugänglich. Jeder Eintrag ist mit dem Namen des Projektes, sichtbarem URL, Betreiber und Link auf auf die MARS-Review beschrieben – vorbildlich für solch eine Übersicht.

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Freitag, Januar 12th, 2007

Ist zwar schon eine Weile her, aber besser spät als nie. Beim Chaos Communication Congress hat Udo Vetter, Fachanwalt für Strafrecht aus Düsseldorf, einen Vortrag mit dem Titel „ Sie haben das Recht zu schweigen: Durchsuching, Beschlagnahme, Vernehmung – Strategien für den Umgang mit Polizei und Staatsanwalt“ gehalten. Ist ein langer Riemen, daher hat es auch so lange gedauert, bis er hier erscheint, aber absolut lesens- bzw. wissenswert. (Mehr Links folgen noch.)

Vetter, Autor des sehr viel gelesenen Lawblogs, erläuterte, wie Situationen zu meistern sind, mit denen die meisten von uns wohl eher keine Erfahrung haben und daher auch nicht wüssten, wie man sich im Zweifel „richtig“ verhält. Meiner Ansicht nach ist das ein Thema für Recherche-Info.de, weil die Ermittlungsbehörden bekanntlich inzwischen auch bei Journalisten eine beunruhigende Aktivität entfalten. Der Fall Cicero wird vielleicht ein wenig strapaziert, aber er ist nicht das einzige Beispiel. Betroffen sind auch nicht nur „investigative“ Journalisten.

„Nehmen Sie das Recht zu schweigen in Anspruch. Damit ist der Vortrag beendet“ – so begann Vetter seinen Vortrag, doch es war mehr als nur ein amüsante Einstieg zu verstehen, denn der Ratsschlag bildete auch gleich das Motiv des Vortrags, das Vetter in einigen Variationen durchspielte.
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Samstag, Dezember 30th, 2006

MaryJo Websters Teil des Seminars “Transparency Reporting and Computer-Assisted Reporting”, organisiert von Tagesspiegel und World Press Institute in Frankfurt/Oder, war sicher der Glanzpunkt der Veranstaltung.

Anhand schöner Beispiele aus der Praxis demonstrierte sie, wie CAR im journalistischen Alltag funktionieren kann. Ihre Präsentation und eine Linkliste der zitierten Artikel hat sie nun online gestellt. Viel Spaß beim Stöbern.

Mittwoch, August 9th, 2006

Klar, als AOL 500 MB an Suchdaten ins Netz stellte – absichtlich, als Fundus für Suchforscher -, war die Aufregung erstmal groß. AOL hatte die Suchdaten “anonymisiert”, wozu es nach Ansicht des Unternehmens ausreichte, Nutzerkennungen durch Nummern zu ersetzen. Die Kritik war heftig. Aber schnell war (mindestens) ein bekannter Suchexperte zur Stelle, um AOL in Schutz zu nehmen und die Vermutung, anhand der Suchanfragen selbst werde es ein leichtes sein, Nutzer zu identifizieren, als übertrieben abzutun:

Nevermind that no one actually has come up with an example where someone could be identified. Just the theoretical possibility is enough to create a privacy firestorm in some people’s minds.

Und nun das: Michael Barbaro und Tom Zeller Jr. von der New York Times haben fleißig recherchiert und der Nummer ein Gesicht gegeben: A Face Is Exposed for AOL Searcher No. 4417749.

Was jetzt, Herr Linden? Immer noch alle nur paranoid da draußen?

Also denkt dran: Immer schön Cookies löschen!

Samstag, Juli 8th, 2006

Verursacht Kreditkartenbetrug (und andere Formen des so genannten “Identitätsbetrugs“) tatsächlich einen Schaden von 48 Milliarden US-Dollar im Jahr? Gehen wirklich Diebstähle in New York City im Wert von 2 bis 5 Milliarden US-Dollar jährlich allein auf das Konto von Beschaffungskriminalität?

Die Antwort auf die erste Frage ist nein, die Antwort auf die zweite Frage ist – Überraschung! – ebenfalls nein. Im ersten Fall wäre der Schaden halb so hoch wie die Gewinne es gesamten US-Banksektors, im zweiten Fall ist es sogar so, dass zu der Zeit, als die Zahl zum ersten Mal veröffentlicht wurde, die New Yorker Polizei den Schaden durch Diebstähle auf 300 Millionen US-Dollar bezifferte – aller Diebstähle wohlgemerkt.

Dennoch haben Zahlen dieser Art einen unglaublichen Überlebenswillen – oder, besser gesagt, die Journalisten, die sie ungeprüft verwenden, sorgen dafür, dass sie nicht tot zu kriegen sind. Einen neuen Versuch unternimmt Jack Shafer in seinem sehr lesenswerten Artikel The (Ongoing) Vitality of Mythical Numbers im Online-Magazin Slate (Englisch).

Wie sieht es hierzulande aus? Wo sind sie, die mythischen Zahlen? Auf Anhieb fällt mir keine ein, aber das liegt bestimmt nur an meinem schlechten Gedächtnis. Liebe LeserInnen, helft uns auf die Sprünge!

Donnerstag, Juni 1st, 2006

Die FAZ vom 31. Mai wartet mit einem schönen Beispiel auf, wie man mit kurzer Recherche den großen Vorstandsvorsitzender den Bahn der Lüge überführen kann. Der hatte im ZDF-Morgenmagazin nämlich behauptet, im neuen Hauptbahnhof würde – wegen des verkürzten Dachs – allenfalls der Zugführer im Regen stehen, nicht aber der werte Bahnkunde. (pes.) von der FAZ ist hingegangen und hat nachgesehen: Mindestens zwei Wagen würden, wenn es regnet, im Regen stehen. Und das ganz planmäßig, denn der von der FAZ in Augenschein genommene ICE stand laut Wagenstandanzeiger planmäßig.

So ist das mit der Recherche: Nachschauen hilft.