Tutorium „Praktische Rechtsfragen“ im Anschluß an den 15. DFN-Workshop.

Referenten Professor Dr. Thomas Hoeren (Forschungsstelle Recht im DFN) und Rechtsanwalt Dr. Jan K. Köcher (DFN-CERT) gehen auf verschiedene rechtliche Fragen zum Thema IT ein.

Prof. Dr. Thomas Hoeren
Univ. Münster | OLG Düsseldorf

(Hoeren – in Jeans, offenem Hemd und Cordjackett – spricht nur mit einem Handzettel frei… und fast schon kabarettistisch lebhaft. Es gibt viele Zwischenfragen, auf die er unmittelbar eingeht. Er referiert aus der Perspektive der Juristen, der „Legasteniker des Fortschritts“.)

Eingangs verschiedene neue Gerichtsentscheide des Domain-Rechts, u.a.:
– Seien Sie kein Admin-C! Der Admin-C ist für alles mit-verantwortlich. Wer Admin-C für eine Organisation sein muss, sollte sich von dieser von den Haftungsrisiken freistellen lassen.
– Whois-Verzeichnisse werden dies Jahr dicht gemacht. Sie werden nur noch bei „berechtigtem Interesse“ zugänglich sein (wg. datenschutzrechtlichen Problemen)
– Es gibt keine Löschungsansprüche mehr gegen Domains – nur noch Unterlassungen.
– Es reicht aus, wenn das „Impressum“ (das so heißen darf) mit zwei Klicks von der Startseite aus erreichbar ist. Wer Geschäfte betreibt, muss seine USt-Id.-Nr oder die „Wirtschaftliche Identifikationsnummer“ angeben – letzter gibt es für Kleinunternehmer bei den Meldeämter.
– für ‚journalistisch Tätige‘ (juristisch sind das auch Weblogs und Wikis) gilt: Es muss ein V.i.S.d.P. genannt sein.
– auf jeder Website muss eine Datenschutz-Policy erläutert werden, wenn personenbezogene Daten (z.B. Log Files) gespeichert werden (steht im TMG).
– „[Auf Pornoseiten] da kann man aus vollem Rohr schiessen, sozusagen im Wortsinn“
– Disclaimer für Link-Haftung oder E-Mails bringen gar nichts. (vgl. www.angstklauseln.de

Abschließend der Hinweis auf Hoerens Webseiten bei der Uni Münster:
Institut für Informations- Telekommunikations- und Medienrecht
www.uni-muenster.de/Jura.itm/hoeren
insbesondere auf das halbjährlich erscheinende Skriptum Internet-Recht (unter Material) und die Podcasts.

RA Dr. Jan Köcher
§ 202c StGB | Online-Durchsuchung | Rechtssprechung zur Störerhaftung

§ 202c StGB – Auswirkungen des „Hackerparagraphen“ für die Praxis

Vorbereitungsstraftat – normalerweise ist nur die Tat oder der Versuch strafbar, nicht aber die Vorbereitung.

Strafbar sind Handlungen nach
§ 202a – Ausspähen von Daten (Zugang zu diesen verschaffen)
§ 202b – Abfangen von Daten
aber auch § 303a – Veränderung von Daten (Löschen, Unterdrücken, Unbrauchbarmachen, Verändern)

Es macht sich strafbar, wer dazu geeignete Computerprogramme „herstellt“, „verschafft, verkauft“, „überläßt, verbreitet oder sonst zugänglich macht“. Wohlvermerkt nicht: „besitzt“!

In der Praxis ist der § voller Fallstricke. Was ist „Vorsatz“? Juristen kennen „Absicht“, „direkten Vorsatz“ und „Eventualvorsatz“… Die Klarstellung, dass die Absicht erforderlich ist, fehlt im Gesetz.
Zwischen „Hacker-Tools“ und „normalen“ Anwendungsprogrammen gibt es „Dual-Use-Tools“ – genau abgegrenzt ist das aber nicht.

Wirkliche Klarheit wird erst die Rechtssprechung bringen. Der größte Schaden des Gesetzes liegt – derzeit – in der Verunsicherung der gesamten Computerbranche in Deutschland.

Rechtliche Aspekte der Online-Durchsuchung

Derzeitiger Stand:
Der BGH entscheidet (31.01.2007 – StB 18/06), dass die OD keine Durchsuchung ist
– sie ist nicht offen
– Anwesenheitsrecht des Betroffenen
– es gibt „wesentliche Förmlichkeiten“ der Durchsuchung

(Zu Pt.2 hatte Monika Harms, Generalbundesanwältin, vorgetragen, da die OD online stattfinde, sei der Durchsuchte ja ‚anwesend’… auch eine Meinung. Hoffentlich nicht typisch für Beamte dieses Staates.)

OD ist auch nicht auf Grundlage der TK-Überwachung oder der Wohnraumüberwachung (de iure) möglich. Kurz: Derzeit keine gesetzliche Grundlage für die OD.

Im Nachgang hat NRW (20.12.06) sein Verfassunsschutzgesetz geändert. Genau darüber wird das BVerfG am 28.02. sein Urteil verkünden. Betroffen sind drei Grundgesetzartikel:
Art. 10 GG – Vertraulichkeit der Kommunikation
Art. 13 GG – Unverletzlichkeit der Wohnung
Art. 1 Abs. 1 GG – Schutz des Kernbereichs privater Lebensführung

Letzteres in einer Formulierung des BVerfG: „Die Möglichkeit, innere Vorgänge wie Empfindungen und Gefühle sowie Überlegungen, Ansichten und Erlebnisse höchstpersönlicher Art zum Ausdruck, und zwar ohne Angst, dass staatliche Stellen dies überwachen.“ (BVerfGE 109, S.313)

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