Tuesday, September 16th, 2008
… fragt der Focus nicht. Wohl aber stellt er die Frage „Telefonstreich: Müntefering-Scherz strafbar?“. In der Tat ist es schwer, in juristischen Fragen Aussagen im Indikativ zu machen. Was machen deutsche Journalisten deshalb: Richtig, sie fragen einen Experten. Und sicherheitshalber wird noch ein Fragezeichen drangehängt. Dann ist der Schreiber auf der richtigen Seite, der Leser aber weiß nicht, ob das Gesetz nun wirklich Mitschnitte verbietet, ob dies eine Mutmaßung des Focus ist oder aber nur die Einzelmeinung eines nicht näher spezifizierten Juristen. Dienst am Leser sieht anders aus.
Dass Mitschnitte strafbar sind, ist indes unstrittig und unmissverständlich: Im §201 des Strafgesetzbuches heißt es:
„Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer unbefugt 1. das nichtöffentlich gesprochene Wort eines anderen auf einen Tonträger aufnimmt oder
2. eine so hergestellte Aufnahme gebraucht oder einem Dritten zugänglich macht.“
Der Mitschnitt ist strafbar. Fullstop. Kein Fragezeichen.
Friday, September 12th, 2008
Oft werde ich gefragt, ob dies oder das online möglich sei. Die Liste, der Dinge, die ich für entweder unmöglich hielt oder aber wusste, dass sie unbezahlbar sind, schrumpft heute.
Beispiele, von dem was ich in Lillehammer gelernt habe:
1.) Datenbanken, die sich nicht herunterladen lassen, kann man mit Hilfe von robots auslesen. Ziel ist dabei, selbst mit den Daten zu arbeiten, und Zusammenhänge zu sehen. Bislang ging dies nur auf Apple-Rechnern oder aber wenn man bereit war, einen sechsstelligen Euro-Betrag zu investieren. Bisher. Jetzt gibt es mit Open-Kapow ein kostenloses Programm. Ein kleines Tutorial verlinke ich, sobald ich es online ist.
2.) Wer hat welche Websites registriert? Es gibt Methoden, solche Registrierungsdaten zusammen zu tragen, eine systematische Suche hat Paul Meyers (BBC) heute hier gezeigt, eine Suche bei Dialog. Anleitung und Beispiel folgen sobald….
3.) Wer hat eine Website früher besessen? Auch hierfür gibt es Datenbanken. Eine, die auch noch mehr bietet http://www.domaintools.com/products/units.html – leider kostenpflichtig, 10 Tage kostenlos
4.) Nicht neu, aber so universell noch nicht gesehen. Norid.no, das norwegische Pendant der Denic hat für alle Top Level Domains die offiziellen Registries verlinkt. http://www.norid.no/domenenavnbaser/domreg.html
Thursday, September 11th, 2008
Über 500 Journalisten aus über 80 Staaten sitzen für ein paar Tage just in dem Hotel im norwegischen Lillehammer, in dem zu den olympischen Spielen 1994 das Olympische Komitee stets tagte. Kein gutes Omen oder eine gezielte Provokation?
So es dass WLAN eben dieses Hotels zulässt, will ich hier ein bisschen von der Konferenz berichten verlinken.
Ein Stream ausgewählter Veranstaltungen ist hier verfügbar.
Die Handouts der über 110 Veranstaltungen sollen ebenfalls auf der Website zu finden sein. Im Moment gilt das nur für das Eröffnungspanel über den Journalismus nach 9/11 – 2001 ist gemeint, denn der 11. September 2008 wird, das kann ich nach dem ersten Tag der Konferenz sagen, den Journalismus (noch) nicht revolutionieren.
Vielleicht bringt den Kollegen auch noch jemand bei, dass man Links noch besser beschriften kann – die Dateinamen, die sich jetzt online finden, kann man nicht verstehen.
Downloads der handouts also hier: http://www.gijc2008.no/handouts
Links zu ausgewählten Handouts der Referenten folgen!
Paul Meyers von der BBC ist furchtbar unterhaltsam und hat uns allen noch Dinge rund um die Internet-Recherche gezeigt, die wir entweder gar nicht kannten oder aber die wir noch nicht so clever genutzt oder miteinander kombiniert haben.
Seine Präsentationen sind hier online: http://www.researchclinic.co.uk/skup/
Monday, August 18th, 2008
Das Internet ist der Feind der Plagiate und der kleinen Fehler – die positive Seite der Googleisierung wird oft vergessen. Dabei geht es doch so schnell und -machen wir uns nichts vor- kleine Fehler finden sich jeden Tag in jeder Zeitung. Heute morgen stutze ich beim Lesen eines Artikels über die Künstlersozialkasse (KSK) in der Berliner Zeitung. Dort heißt es, die KSK-Abgabe sei vor vier Jahren auf das Dreifache angestiegen, was eine Diskussion über Sinn und Zukunft der KSK ausgelöst habe. Nun zahle ich selbst seit fast einen Jahrzehnt KSK-Abgabe und -Beiträge und weiß, dass das nicht stimmt; die Frage aber ist doch, wie hoch ist der Aufwand, eine solche Zahl zu überprüfen (wenn man sich denn wundert, ob das stimmen kann).
Die Homepage der Kasse findet sich schnell online – fünf Minuten später lässt sich auch die Übersicht über die Entwicklung der Abgabesätze finden.
Thursday, July 10th, 2008
Wie wir bereits vor 9 (!) Tagen berichteten und mit Foto belegt haben, fotografiert Google derzeit Berlins Straßenzüge. ddp berichtet heute Details – so gibt es natürlich einen Streit um den Datenschutz und die Frage der Anonymisierung.
Wie das Endprodukt einmal aussehen soll, kann man sich hier an den Beispielen Time Square, Golden Gate Bridge und South Beach (Miami) ansehen.
Tuesday, July 1st, 2008
Google fährt mit einem sehr auffälligem Auto durch Berlin. Auf dem Mast auf dem Dach sind 5-6 Kameras angebracht, in den Kästen darunter vermutlich GPS und anderer Kram.
Schon das Kennzeichen deutet auf Google hin; an der Seite habe ich aber auch das Logo gesehen (aber leider nicht fotografieren können).
Tuesday, July 1st, 2008
Ich habe ja schon über den amüsanten Auftritt von Thomas Leif bei der Vorstellung einer Studie über Internet-Recherche geschrieben und ihm hier widersprochen. Kurz gesagt geht es um die Frage, ob die Nutzung des Internets schuld an bestimmten journalistischen Fehlleistungen ist oder nicht. Das gleichzeitige Auftreten von zwei Phänomenen bedingt ja noch keine Kausalität.
Wie schon in der Einleitung zum Medienkodex geben Leif & Co. dem Internet die Schuld. „Neue Technologien und zunehmender ökonomischer Druck gefährden den Journalismus.“
Ich sehe das anders und glaube, dass Journalisten schon immer selbstreferentiell waren, das Internet macht das natürlich leichter. Zugespitzt würde ich sagen, dass Faulheit, Eitelkeit und pseudo-Zwänge der Branche jeweils eine größere Rolle als Ursachen für Recherche-Fehlleistungen darstellen als das Internet.
Sehr schön kommt diese Kontroverse im Deutschlandfunk-Beitrag von David Goeßmann raus:
“(…) Für Thomas Leif von netzwerk recherche sind die Ergebnisse der Studie alarmierend. Er fordert eine Zuspitzung der Debatte.
„Journalisten beziehen sich immer mehr auf bereits von anderen Journalisten hergestelltes Material. Sie bearbeiten Informationen, die von außen zu ihnen gehen. Aber sie organisieren immer weniger eigene Geschichten, eigene Stories, und vor allem orginelle eigenwertige Recherchen. So dass es die Tendenz gibt, dass recycelt wird und man sich immer mehr aufeinander bezieht und nicht auf das was wirklich ist.“
Lorenz Maroldt, Chefredakteur des Tagesspiegels, hält die Studie demgegenüber für überzogen. Dass durch den Rückgriff auf das Internet der Gegencheck seltener stattfinde, hält Maroldt für nicht bewiesen.
„Früher ohne Online hats das genauso gegeben. Wurde genauso Quellen geglaubt. Vielleicht wurde sogar Quellen noch eher direkt geglaubt. Und durch die Möglichkeit über Google einen schnellen Gegencheck zu machen, ist man vielleicht eher in der Lage schnell zu überprüfen, ist das denn plausibel, was mir da einer erzählt. Ich glaube, dass Problem wird da von der falschen Seite beschrieben.“„
Der Position Maroldts ist erstmal nichts hinzuzufügen.
Monday, June 23rd, 2008
Er hat es schon wieder gesagt: Alles wird schlimmer mit der Recherche und schuld ist das Internet; Selbstreferentialität sei eine Folge des Internets, gab Thomas Leif (Vorsitzender Netzwerk Recherche e.V.) zu Protokoll – auch wenn das vorangegangene Podium schon zu dem Konsens gekommen war, dass diese Trends weder neu, noch ursächlich mit dem Internet zusammenzubringen seien …
(more…)
Monday, June 23rd, 2008
Das ist das Ergebnis einer Studie der Landesanstalt für Medien NRW (LfM). Dass Journalisten die durchschnittliche Bevölkerung abbilden, scheint wünschenswert, wenn auch realitätsfern.
Schlimmer wird es, wenn -wie nun festgestellt wird- Journalisten bei der Recherche im Internet nur so gut sind wie der Durchschnitt.
Die Studie offenbart ein großes Defizit in der Aus- und Fortbildung – so weit, so erwartbar. Interessant ist das auch Ergebnis eines Teils der Studien, in dem Journalisten einfache Rechercheaufgaben online lösen mussten. Hier schnitten erstaunlicherweise ältere Kollegen mit mehr Berufserfahrung besser ab, als die jüngeren mit weniger Berufserfahrung. Im Durchschnitt waren beiden Gruppen zusammen aber nur Durchschnitt.
Das Erfolgsgeheimnis der Älteren: Ergebnisse lesen und mit den gewonnenen Inhalten die eigene Suchanfrage zu verbessern. Hab ich doch schon immer empfohlen.
Wohltuend auf dem Podium, das gerade die Ergebnissse der Studie diskutiert, fällt Lorenz Maroldt vom Tagesspiegel auf. Zum einen weist er darauf hin, dass durch die Möglichekeiten der Onlinerecherche vermutlich mehr Überprüfungsrecherchen denn je stattfinden; zum anderen gab es ja Fakes und Falschmeldungen schon lange vor Beginn des Onlinezeitalters.
Soweit mal zur Tagung, mehr folgt im Laufe des Nachmittags.
Hier noch ein paar in den Raum zu werfende Thesen zum Thema:
Nicht alles, was in der Wikipedia steht, ist falsch oder auch nur fragwürdig.
Professor Schneider von der LFM empfiehlt, die Trefferzahl durch die Verwendung des Operators „UND“ um den Faktor 1 hoch 9 zu minimieren. RTL-Peter-Klöppel weist darauf hin, dass 1 hoch 9 auch nur eins sei. Das ist doch ne Supermethode, die in der Studie gar nicht vorkommt: Mitdenken.
Während alle immer darauf hinweisen, dass Google keine unabhängige Suchmaschine sei und die Trefferlisten natürlich das Ergebnis einer Filterung sind, hat mir noch keiner erklärt, was man denn nun besser machen solle oder wo google für den journalistischen Alltag verzerrte Ergebnisse liefert.
Erstaunliches Teilergebnis: Die Suche von Kontaktdaten ist der Haupteinsatzzweck der Internetrecherche. Wenn damit gemeint ist, dass tatsächlich Telefonnummern und (Internet-)Adressen online gesucht werden, verwundert mich das.
Tuesday, June 17th, 2008
Dem Kress-Report entnehme ich, dass die Times ihr Archiv online frei zugänglich gemacht hat – bis einschliesslich 1985. So what?
Die meisten deutschen Medien haben gar keine elektronische Datenbasis, um Zeitungen aus den 80er Jahren online zugänglich (und Volltext durchsuchbar!) zu machen. Einzige Ausnahmen etwa unter den bei genios zugänglichen Zeitungsarchiven sind die Wirtschaftswoche (seit 1984) und das Handelsblatt (seit 1986). Doch die Pointe kommt noch.
Das Online-Archiv der Times ist zwar nur bis zum 31.12.1985 frei zugänglich, dafür sind aber alle Ausgaben dabei und das heißt, Alles seit dem 1.1.1785 (in Worten: siebzehnhundertfünfundachtzig). Mal so eben 200 Jahre!
Erst die BBC, dann das jetzt. Ach England, Du hast es besser.
Bericht über den WM-Sieg 1966 in Wembley
Die Exekution von Marie Antoinette
Erster Beitrag über „Jack the Ripper“
Titelseite der ersten Ausgabe vom 1. Januar 1785
(Ideen zu den Links auch vom Kress-Report übernommen.)
* die Ergänzuung „vorläufig“ wurde nach dem Kommentar von JMI vorgenommen