Beispielhafte Überwachung
116 fest installierte Überwachungskameras stehen entlang der Route der Anti-Überwachungs-Demonstration „Freiheit statt Angst“. Zumindest habe ich so viele gefunden, als ich am Donnerstag vergangener Woche für die taz die Strecke abgelaufen bin. Auf taz.de haben wir in einen Artikel eine Karte von Google Maps eingebunden, auf der alle 116 Kamerastandorte verzeichnet waren. Außerdem hatte ich auch alle Kameras fotografiert und die Fotos auf einer Karte von Panoramio eingefügt - auch diese Seite war von dem Artikel aus verlinkt.
Das Ablaufen der Route und das Übertragen der Daten auf die beiden Online-Dienste nahm einen Arbeitstag für eine Person in Anspruch. Hinzu kam noch die zusätzliche Recherche. So stellten wir drei Kameratypen an drei Beispieln vor: Verkehrsüberwachungskamera am Potsdamer Platz, Museumskamera vor dem Deutschen Guggenheim, Behördenkamera vor dem Auswärtigen Amt. Dabei erläuterten wir jeweils: Was ist der Zweck der Kameraüberwachung? Werden die Bilder auch gespeichert? Falls ja: Für wie lange? Allein die Deutsche Bank, die die Kamera an dem Museum betreibt, wollte nicht antworten, ob die Bilder gespeichert werden: „Zu sicherheitstechnischen Fragen können wir generell keine Angaben machen“, meinte ein Banksprecher. Jetzt läuft ein Auskunftsantrag nach § 34 des Bundesdatenschutzgesetzes.
Ziel der Berichterstattung war, die alltägliche Überwachung beispielhaft deutlich zu machen. Dabei profitierte ich davon, dass es mit Google Maps und Panoramio zwei Dienste gibt, die sich sehr gut für diesen Zweck nutzen ließen. In der gedruckten Ausgabe der taz vom Samstag - dem Tag der Demo - erschien eine Infografik mit den eingezeichneten Kamerastandorten. Auch dabei half Google Maps: Ich hatte die Kamerastandorte erst online eingetragen und dann nutzen die taz-Infografiker diese Vorlage, um daraus die Karte für den Print zu machen. Keine Ahnung, wie man das früher gemacht hätte. Vielleicht hätte ich das dann auf einem Stadtplan einzeichnen müssen, damit die Infografiker das als Vorlage nehmen können?
Die Resonanz war übrigens enorm: Bereits am Donnerstagabend hatten die vielgelesenen Blogs netzpolitik.org und Spreeblick die Karte verlinkt. Viele andere Blogs zogen in den folgenden Tagen nach. Die Karte bei Google Maps wurde bisher 22.864-mal betrachtet.
PS: Vielen Dank an Jan Michael Ihl, von dem die Empfehlung kam, das mit Google Maps umzusetzen!
September 17th, 2009 at 00:17
Moin Sebastian,
schönes Stück! Etwas empfehlenswerte Hintergrundlektüre dazu:
„How to find hidden cameras“ von Marc Roessler
http://www.tentacle.franken.de/papers/hiddencams.pdf
[PDF-Datei, 36 S., 259 KB]
September 17th, 2009 at 10:42
Hallo Albrecht, danke für den Link!
September 28th, 2009 at 14:39
Der oben gegebene Link ist interessant.. das Bild ist recht schokierend.. wer rechnet mit so vielen versteckten kameras?!
December 9th, 2009 at 15:41
[…] Jedermann darf von einem Unternehmen Auskunft darüber verlangen, welche Daten dort über ihn gespeichert sind - so ist es in § 34 des Bundesdatenschutzgesetzes festgelegt. Dieses Jedermann-Auskunftsrecht kann auch bei journalistischen Recherchen helfen. Im September war ich kurz vor der Anti-Überwachungs-Demonstration „Freiheit statt Angst“ die Demoroute abgelaufen, hatte nach sichtbaren Überwachungskameras gesucht und 116 Stück gezählt. Im Lokalteil Berlin der taz druckten wir dann eine Karte mit den Kamerastandpunkten, diese haben wir auch in einer Karte auf Google Maps eingetragen und die Fotos von allen Kameras auf Panoramio (siehe auch früherer Beitrag auf recherche-info.de). […]
October 21st, 2010 at 16:12
Echt erschreckend.
Ich will garnicht wissen wo wir überall überwacht werden!
February 21st, 2011 at 11:43
Deutschland wird immer mehr zum Überwachungsstaat!
June 1st, 2011 at 15:13
naja manche Gegenden oder Stadtteile lassen sich halt nur noch mit diesen Mitteln unter Kontrolle halten. Leider ist die Kriminalität immer present, aber vielleicht schreckt man die Täter mit solchen Maßnahmen ein bisschen ab!