Seit Anfang des Jahres müssen die Vermieter aller Wohnungen den Mietinteressenten auf Wunsch den Energieausweis zeigen (war vorher nur für die Wohnungen bestimmter Baujahre Pflicht). Mit dem Energieausweis soll der potenzielle Mieter vergleichen können, wie gut die Wohnungen gedämmt sind, für die er sich interessiert – ob also später mit eher hohen oder niedrigen Heizkosten zu rechnen ist. Aber halten die Vermieter sich an die Pflicht?
In der Berlin-Redaktion der taz stellten wir ein paar Presse-Anfragen an Wohnungsbaugesellschaften. Die stereotype Antwort: Ja, wir haben einen Energieausweis für alle Wohnungen und natürlich kommen wir auch unserer gesetzlichen Pflicht nach, den jedem Mietinteressenten zu zeigen. Gleichzeitig hörten wir aber von Bekannten, dass das in der Realität keinesfalls so gut klappt. Ein klassischer Fall für eine Rollen-Recherche – die auch mit recht geringem Aufwand umzusetzen war. Eine Kollegin und ich suchten uns über Wohnungsinserate sechs Wohnungen aus, also eine bei jeder der sechs städtischen Wohnungsbaugesellschaften. Und dann waren wir ein Wochenende lang unterwegs.
Alles lief völlig unkompliziert. Für den Fall, dass die Vermieter uns nach unseren Berufen, Lebensverhältnissen oder Einkommensbescheinigungen fragen würden, hatten wir uns ein paar gute Antworten ausgedacht. Aber niemand fragte. Das lag wahrscheinlich auch daran, dass wir es nicht mit privaten Vermietern zu tun hatten, die persönlich vor Ort waren, sondern mit größeren Gesellschaften, die einen Makler oder Hausmeister schickten.
Vor Ort gaben wir uns als durchschnittlich informierte Verbraucher aus, die irgendwo mal etwas von einer Energiebescheinigung gelesen haben, nichts genaueres wissen, aber neugierig danach fragen. Das Ergebnis: Nur in einem von sechs Fällen lief alles so, wie es sollte. In fünf Fällen dagegen bekamen wir entweder den Energieausweis überhaupt nicht zu Gesicht oder die Vermieter gaben uns falsche Informationen über den Ausweis.
energieausweisrecherche
(taz-Mitarbeiterin mit dem Vertreter einer Wohnungsbaugesellschaft – der hat zwar einen Haufen Papiere dabei, aber keinen Energieausweis)
In der taz schrieben wir zusätzlich zu diesem Testergebnis auch noch ein paar Hintergründe auf. Etwa, dass das Land Berlin im Bundesrat zusammen mit anderen Bundesländern durchgesetzt hat, dass die Mietinteressenten kein Recht darauf haben, eine Kopie des Ausweises zu bekommen. Stattdessen reicht es aus, wenn die Vermieter den Wohnungssuchenden zu einem Extra-Termin in die Verwaltung bestellen und den Ausweis vorzeigen – die darauf stehenden Daten muss sich dann jeder selbst abschreiben.
Download: Die in der taz erschienene Seite als PDF.

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