Er hat es schon wieder gesagt: Alles wird schlimmer mit der Recherche und schuld ist das Internet; Selbstreferentialität sei eine Folge des Internets, gab Thomas Leif (Vorsitzender Netzwerk Recherche e.V.) zu Protokoll – auch wenn das vorangegangene Podium schon zu dem Konsens gekommen war, dass diese Trends weder neu, noch ursächlich mit dem Internet zusammenzubringen seien …

(Was Leif darüber sagt, wie Recherche besser vermittelt werden könnte, kann man so bejahen – die Formen der Wissensvermittlung sind nicht angemessen, training on the job und inhouse müssten verstärkt werden.)
Materialauswertung, Telefonate, persönliche Treffen – erst dann käme die Internetrecherche als Ergänzung zu einzelnen Punkten, doziert Leif. Das mag bestenfalls für das, was sich Leif unter Recherche vorstellt, noch gerade so gelten.
Im Redaktionsalltag – und darum ging es in der Studie – sieht es anders aus. Google ist neben dem Telefon schon das zentrale Rechercheinstrument. Nun kritisiert Leif ja gerade, dass die Studie eben dies nur feststelle anstatt es zu kritisieren. Zu dieser Auffassung kommt er nur, weil er die Möglichkeiten der Online-Recherche fundamental unterbewertet.
Mal ein paar Gegenthesen:

  1. Mittels Internetrecherche lassen sich schnell und effizient Überprüfungs- und Ergänzungsrecherchen druchführen – in einem Ausmaß, dass ohne diese Technik nicht denkbar wäre.
    Es muss also heissen, dass TROTZ des Internets und nicht WEGEN des Internets soviel unrecherchierte, teilweise falsche oder missverständliche oder nur auf einer Quelle beruhende journalistische Werke veröffentlicht werden.
  2. Selbst für ausführlichere Recherchen eignet sich das Internet noch sehr gut, zumindest um sich einen Überblick über mögliche Quellen und deren Bewertung anzueignen.
  3. Eine Vielzahl von Quellen, die Leif und Co bestenfalls in Papierform kennen, lassen sich heute -zum Teil nur noch- online auswerten. Das bringt Effizienzsteigerungen mit sich, zwingt Rechercheure umzulernen, aber es bietet auch vollkommen neue Rechercheansätze.
  4. Je mehr Primärquellen freiwillig oder unfreiwillig (etwa wg IFG-Klagen) online Material zur Verfügung stellen, desto wichtiger wird es, dass Journalisten diese Quellen erschliessen können.
  5. Zu einer Vielzahl von Themen lassen sich im Netz immer noch und immer wieder exklusive Dokumente finden.

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