… fragt der Focus nicht. Wohl aber stellt er die Frage „Telefonstreich: Müntefering-Scherz strafbar?“.
In der Tat ist es schwer, in juristischen Fragen Aussagen im Indikativ zu machen. Was machen deutsche Journalisten deshalb: Richtig, sie fragen einen Experten. Und sicherheitshalber wird noch ein Fragezeichen drangehängt. Dann ist der Schreiber auf der richtigen Seite, der Leser aber weiß nicht, ob das Gesetz nun wirklich Mitschnitte verbietet, ob dies eine Mutmaßung des Focus ist oder aber nur die Einzelmeinung eines nicht näher spezifizierten Juristen.
Dienst am Leser sieht anders aus.
Dass Mitschnitte strafbar sind, ist indes unstrittig und unmissverständlich: Im §201 des Strafgesetzbuches heißt es:

„Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer unbefugt
1. das nichtöffentlich gesprochene Wort eines anderen auf einen Tonträger aufnimmt oder
2. eine so hergestellte Aufnahme gebraucht oder einem Dritten zugänglich macht.“

Der Mitschnitt ist strafbar. Fullstop. Kein Fragezeichen.

3 Comments

  1. Das sehe ich hier genauso!
    Ein kleines Gedankenspiel: Nehmen wir an, der Radiosender hätte VOR der Landtagswahl herausgefunden, dass Ypsilanti zwar auf den öffentlichen Kundgebungen eine Koalition mit der Linkspartei ausschließt, intern aber das Gegenteil sagt. Dieser geplante Wahlbetrug wäre vor der Wahl von hohem öffentlichen Interesse gewesen, in der Abwägung würde ich hier das Informationsinteresse höher gewichten als den Schutz der Vertraulichkeit des Wortes.
    Große Probleme hätte ich dann allerdings noch damit, dass der Sender nicht nur das gesprochene Wort aufgezeichnet hat, sondern sich gegenüber Ypsilanti auch noch als Müntefering ausgegeben hat. Mein Bauchgefühl sagt, dass das auch in dieser Fallkonstellation eindeutig zu weit geht, ich könnte dies aber nicht ad hoc juristisch untermauern.

  2. Danke für den Hinweis. Das Urteil kenne ich. Wir haben selbst schon bei unbefugten Bildaufnahmen von einer solchen Abwägung profitiert. ABER im ffn-Fall kann es doch keine Zweifel geben, dass nur um Unterhaltung geht und nicht um Journalismus.

  3. Das OLG München kam zu einem anderen Ergebnis. Demzufolge kann der Mitschnitt des gesprochenen Wortes für Journalisten erlaubt sein, wenn dies erhebliche Missstände aufdeckt. Dann nämlich ist die Aufnahme nicht unbefugt, und § 201 StGB verbietet ja dem Wortlaut nach nur „unbefugte“ Aufnahmen. In den Worten des Gerichtes: „Selbst wenn man im vorliegenden Fall jedoch von einer Verletzung des Paragrafen 201 StGB oder einen Anspruchsberechtigung der Klägerin ausgehen wollte, muss im Rahmen einer grundrechtskonformen Auslegung vor dem Hintergrund des Art. 5 Abs. 1 GG das Tatbestandsmerkmal ‚unbefugt‘ (bzw. je nach dogmatischem Ansatz das Rechtswidrigkeitsmerkmal) im Rahmen einer Abwägung so verstanden werden, dass die vom Beklagten vorgenommene Verwertung oder, falls er die Aufzeichnung selbst vorgenommen haben sollte, deren Aufzeichnung und Verwertung nicht als unbefugt im Sinne von Paragraf 201 StGB angesehen werden kann.“ Bei dem Fall ging es übrigens um die Schleichwerbe-Recherche von Volker Lilienthal, Das komplette, rechtskräftige Urteil findet sich dort:
    http://www.journalist.de/downloads/pdf/dokumentationen/doku_06_2005.pdf
    Im ffn-Fall würde ich zwar zu dem Ergebnis kommen, dass der Rundfunksender mit dem Anruf keinerlei Missstand aufgedeckt hat und die Aufzeichnung daher meines Erachtens eindeutig unbefugt erfolgte. Ganz so absolut wie in dem Blog-Beitrag dargestellt wird das Aufzeichnungsverbot des § 201 StGB jedoch von Gerichten nicht ausgelegt.

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